Die Hintergründe der Helden
Über Superhelden-Comics und jüdische Kultur
Montag, 8. April 2024, 19 Uhr | Online-Vortrag über Zoom
Superhelden wurden zur Zeit des Zweiten Weltkriegs erfunden, zumeist von den Söhnen jüdischer Einwanderer in den USA wie Joe Shuster, Jerry Siegel, Joe Simon oder Jack Kirkby. Die Helden wurden schnell erfolgreich, was auch damit zusammenhing, dass sie in aktuelle politische Konflikte intervenierten: 1940 zeichneten Shuster und Siegel die legendäre Superman-Folge „How Superman Would End the War“, in der der Held Adolf Hitler vor ein Gericht zerrt und sagt: „Ich würde dir gern einen eindeutig nichtarischen Faustschlag versetzen.“ Und auf dem Cover von Captain America 1 (1941) versetzt der Captain Hitler dann tatsächlich einen Kinnhaken. Die Reaktionen aus dem nationalsozialistischen Deutschland auf das neue Medium der Superheldencomics ließen nicht lange auf sich warten: «Superman ist ein Jude!», rief Joseph Goebbels, als Propagandaminister verantwortlich für Druckgenehmigungen in Deutschland, in einer Reichstagssitzung des Jahres 1942. Die Veröffentlichung der Comics blieb im nationalsozialistischen Deutschland untersagt.
Der Vortrag geht der ‘verborgenen’ jüdischen Geschichte von Superhelden nach: vom politischen, künstlerischen und sozialen Hintergrund der Künstler und der Funktionsweise der Comicindustrie über Messias- und Assimilations-Motive bis hin zur Darstellung von explizit jüdischer Superhelden (und ihren Widersachern). Somit soll die Frage beantwortet werden, ob Superhelden zufällig einen jüdischen Hintergrund haben – oder ob über diese Figuren auch verhandelt wird, was es bedeutet, jüdisch zu sein.
Referentin: Dr. Joanna Nowotny ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schweizerischen Literaturarchiv, Forscherin und Dozentin sowie freischaffende Journalistin.