Mittwoch, 30. Oktober 2019, 19 Uhr
Ort: Stadtverordnetensitzungssaal, Rathaus Wiesbaden
Wahlplakat der FDP, Kreisverband
Wiesbaden, Kommunalwahl 1960.
© Stadtarchiv Wiesbaden, Pla Nr. 204
Der aus Westpreußen stammende Erich Mix kam in der NS-Zeit als aufstrebender Verwaltungsfachmann nach Wiesbaden. Hier übernahm er als bekennender Nationalsozialist das Amt des Oberbürgermeisters (1937–45) sowie in der Nachkriegszeit erneut (1954–60) – nun als Mitglied der FDP. Diese zweifache Karriere war höchstproblematisch: So vertrat Mix die Stadt Wiesbaden nach dem Krieg bei einem Rückerstattungsprozess wegen der Enteignung des Grundstücks eines Wiesbadener Juden, das er selbst für die Stadt im Nationalsozialismus enteignet hatte. Seine politische Biografie steht beispielhaft für den Umgang der (West-)Deutschen mit der NS-Vergangenheit in der ersten Nachkriegsdekade und soll im Vortrag anhand folgender Fragen beleuchtet werden: Was bewegte Mix in die NSDAP einzutreten und wie übte er sein Amt im Nationalsozialismus aus? Wie konnte es ihm gelingen, trotz seiner Teilhabe am Nationalsozialismus wieder Oberbürgermeister zu werden und breite Anerkennung in der Stadt zu erfahren? Und wie gingen die einstigen Gegner und Opfer des NS-Regimes mit seiner Wiederwahl um?
Referent: Philipp Kratz, geb. 1979, studierte Geschichte und Sozialwissenschaften in Bochum und Frankfurt am Main und wurde 2016 in Jena promoviert. Er hat zahlreiche Artikel zum Nationalsozialismus und dessen Nachgeschichte in Wiesbaden publiziert. Zuletzt erschien im März 2019 sein Buch „Eine Stadt und die Schuld. Wiesbaden und die NS-Vergangenheit seit 1945“. Derzeit unterrichtet er an einem Wiesbadener Oberstufengymnasium sowie als Lehrbeauftragter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Kooperationspartner: Stadtarchiv Wiesbaden